Wenn Esoterik zur Selektion wird: Der Mythos vom spirituell Höherstehenden
In den letzten Jahrzehnten hat sich im Bereich der Spiritualität ein Begriff eingeschlichen, der zunächst harmlos oder gar wissenschaftlich klingen mag, in Wahrheit jedoch tiefgreifende ethische und gesellschaftliche Fragen aufwirft: spiritueller Darwinismus. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Vorstellung, dass nicht nur Lebewesen, sondern auch spirituell Suchende einem unausweichlichen Ausleseprozess unterworfen seien. Wer „stärker“, „höher schwingend“ oder „erleuchteter“ ist, überlebt und entwickelt sich weiter; wer „niederschwingend“ oder „schwach“ sei, bleibe zurück oder gehe unter. Diese Denkfigur entstammt in ihrem Kern einer missverstandenen Anwendung darwinistischer Ideen auf spirituelle Entwicklungen — und sie hat das Potenzial, großen Schaden anzurichten.
Gerade in modernen esoterischen Kreisen, innerhalb der New-Age-Bewegung und in manchen spirituellen Gruppen wird ein derartiger Selektionsgedanke immer wieder propagiert: Menschen, die krank sind oder Unglück erleben, hätten dies durch mangelnde spirituelle Reife selbst verursacht. Gesundheit und Glück gelten in diesem Weltbild nicht nur als Resultat materieller Umstände oder sozialer Einflüsse, sondern als quasi „gerechte“ Belohnung für ein höheres spirituelles Entwicklungsniveau. Wer scheitert, gilt hingegen als unfähig, sich auf der „spirituellen Evolutionsleiter“ nach oben zu bewegen.
Diese Sichtweise bringt mehrere hochproblematische Aspekte mit sich. Zum einen verschiebt sie Verantwortung für Leid und Ungerechtigkeit vollständig auf die Betroffenen selbst, während strukturelle oder gesellschaftliche Ursachen ausgeblendet werden. Zum anderen stellt sie eine gefährliche Entsolidarisierung dar: Wer nicht mithalten kann, wird abgewertet, während die Erfolgreichen ihren Erfolg als Beweis spiritueller Überlegenheit betrachten dürfen.
In gewisser Weise spiegelt sich hier ein Sozialdarwinismus auf geistiger Ebene wider. Wo im 19. Jahrhundert vor allem soziale Schichten, Nationen oder „Rassen“ in angeblichen Ausleseprozessen bewertet wurden, erscheint nun der Mensch als spirituelles Wesen in einem ähnlichen Konkurrenzkampf. Aus „Survival of the fittest“ wird „Survival of the spiritually fittest“.
Die Ursprünge solcher Denkmuster sind vielschichtig. Einerseits greifen sie tatsächlich auf Charles Darwins Theorien zurück, allerdings in einer drastisch vereinfachten und verdrehten Form. Andererseits bedienen sie sich seit Jahrzehnten in der Esoterik beliebter Konzepte wie Karma, Wiedergeburt oder Schwingungsebenen, um den Glauben an eine spirituelle Hierarchie zu stützen. Die Vermischung von selektivem Denken mit religiös anmutenden Wertvorstellungen verleiht dem ganzen System eine Legitimation, die für Außenstehende nur schwer zu durchschauen ist.
Dazu kommt ein gesellschaftlicher Trend, der auf Selbstoptimierung, Leistungssteigerung und individueller Verantwortung fixiert ist. In diesem Klima gedeihen Konzepte wie der spirituelle Darwinismus besonders gut, weil sie perfekt zur neoliberalen Grundhaltung passen: Jeder Mensch ist seines eigenen Glückes Schmied, und wer „es nicht schafft“, hat eben nicht genug an sich gearbeitet. Solche Narrative werden durch Coaches, Online-Gurus oder Heilsversprechen zusätzlich verstärkt und vermarktet.
Doch die Folgen sind fatal. Menschen in Krisen oder mit chronischen Erkrankungen werden ausgegrenzt oder schämen sich, weil sie als „spirituell minderwertig“ gelten. Familien zerbrechen, weil einzelne Mitglieder sich für „schlecht schwingend“ oder „nicht entwicklungsfähig“ halten. Freundschaften scheitern, weil ein subtiler Leistungsdruck auch spirituelle Beziehungen durchzieht. Die Vorstellung von einer gnadenlosen spirituellen Auslese ist damit alles andere als ein harmlose Spinnerei — sie wirkt real und zerstörerisch in das Leben vieler Menschen hinein.
In dieser umfangreichen Analyse wollen wir uns diesen Mechanismen widmen. Wir werden zunächst auf die historischen Wurzeln des Darwinismus blicken und klären, wie seine Theorien verfälscht und in spirituelle Kontexte übertragen wurden. Anschließend betrachten wir typische Narrative und Begriffe, die in spirituellen Kreisen verbreitet werden, um eine Hierarchie der „Höherentwickelten“ zu rechtfertigen. Wir untersuchen psychologische Effekte wie Schuldzuweisungen, Scham und das Bedürfnis nach Überlegenheit. Darüber hinaus werfen wir einen Blick auf gesellschaftliche Folgen und reale Beispiele, bevor wir Wege aufzeigen, wie eine ethisch verantwortliche Spiritualität aussehen könnte, die Mitgefühl statt Konkurrenz betont.
Der vorliegende Text soll nicht als pauschale Abwertung spiritueller Praxis verstanden werden. Im Gegenteil: Eine ernsthafte, reflektierte Spiritualität kann für viele Menschen eine Quelle von Trost, Sinn und Verbundenheit sein. Doch wo spirituelle Praxis in ein Selektionsprinzip umschlägt, wird sie zu einem Instrument sozialer und psychischer Gewalt. Genau hier will dieser Artikel einen Kontrapunkt setzen — und ein Bewusstsein dafür schaffen, wie leicht Spiritualität in eine elitäre, ausgrenzende Ideologie kippen kann.
Ein Kommentar von Alfred-Walter von Staufen
Die Ursprünge des Darwinismus und seine spirituelle Aneignung
Der Begriff „Darwinismus“ bezieht sich ursprünglich auf die bahnbrechenden wissenschaftlichen Theorien von Charles Darwin (1809–1882), die er im 19. Jahrhundert entwickelte. Darwin beobachtete in der Natur einen Mechanismus, den er als natürliche Selektion beschrieb: Arten, die sich besser an ihre Umwelt anpassen können, haben höhere Überlebens- und Fortpflanzungschancen. Diese Idee revolutionierte das Verständnis der Biologie und prägte unser Weltbild bis heute.
Darwin selbst sprach jedoch nicht von einem rücksichtslosen Überlebenskampf im Sinne von „der Stärkste gewinnt“. Vielmehr beschrieb er komplexe Wechselwirkungen zwischen Organismen und Umwelt. Trotzdem wurde seine Theorie schnell vereinfacht und populär verzerrt, insbesondere in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen. Aus der nüchternen Beschreibung eines biologischen Prozesses wurde eine scheinbar naturgesetzliche Rechtfertigung für gesellschaftliche Konkurrenz und Auslese abgeleitet.
Der Sozialdarwinismus, der im 19. und 20. Jahrhundert verbreitet war, übertrug Darwins Prinzip der natürlichen Selektion auf menschliche Gesellschaften. Dort wurde behauptet, dass die „Starken“ und „Tüchtigen“ sich durchsetzen müssten, während die „Schwachen“ untergingen. Diese Denkweise diente nicht selten dazu, Unterdrückung, Ausbeutung und rassistische Ideologien zu legitimieren. Die katastrophalen Folgen solcher Gedankengebäude sind historisch gut dokumentiert.
In modernen spirituellen Milieus zeigt sich nun eine ähnliche Logik — allerdings unter anderen Vorzeichen. Statt gesellschaftlicher oder rassischer Auslese wird heute von einer spirituellen Selektion gesprochen. Menschen, so heißt es, seien auf verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung unterwegs. Manche gelten als „hochschwingend“, „erwacht“ oder gar „erleuchtet“ und seien damit im Vorteil. Andere, die angeblich auf „niedrigen Frequenzen“ oder in „dunklen Energien“ gefangen sind, würden auf der Evolutionsleiter zurückbleiben.
Diese spirituelle Auslegung ist eine eigenwillige Vermischung verschiedener Ideen:
- Darwins natürliche Selektion
- esoterische Konzepte von Karma und Wiedergeburt
- energetische Schwingungslehren
- Vorstellungen von geistigen Hierarchien
Diese Mischung ergibt ein System, in dem Erfolg, Gesundheit oder Glück als Zeichen für spirituelle Überlegenheit gelesen werden. Wer hingegen leidet, krank wird oder in Armut lebt, wird als Versager auf spiritueller Ebene betrachtet. Das Muster gleicht dem Sozialdarwinismus frappierend: ein Selektionsprinzip, das Unterschiede zwischen Menschen als natur- oder kosmisch-gesetzlich gerechtfertigt darstellt.
Das Gefährliche daran ist, dass die esoterischen Varianten besonders subtil wirken. Während der historische Sozialdarwinismus oft offen brutal argumentierte („die Schwachen müssen aussterben“), tarnt sich der spirituelle Darwinismus mit Begriffen wie „Licht“, „Liebe“ oder „Selbstverantwortung“. Er wirkt daher auf den ersten Blick harmlos und positiv, transportiert aber denselben selektiven Kern: Wer nicht mitkommt, bleibt zurück.
Viele Menschen spüren intuitiv, dass diese Erzählung nicht stimmen kann — dass sie zu hart, zu kalt, zu ausgrenzend ist. Doch die Sprache von Energie, Schwingung und kosmischem Gesetz kann so überzeugend wirken, dass Zweifel unterdrückt werden. Insbesondere in Kreisen, die sich von klassischen Religionen entfernt haben und nach neuen spirituellen Antworten suchen, sind solche Muster anfällig.
In gewisser Weise kann man sagen: Der Darwinismus wurde von einer biologistischen Theorie über die Evolution zu einem moralisch aufgeladenen System umgedeutet, das den Wert von Menschen beurteilen will — erst sozial, nun spirituell. Dieser Missbrauch hat eine lange Geschichte, die sich über mehrere Generationen zieht.
Schon im frühen 20. Jahrhundert gab es okkulte Strömungen, die von „Meistern“ und „Schülern“ sprachen, von Initiationen und Prüfungen, bei denen nur die Tüchtigsten bestehen konnten. Auch hier findet sich die Idee wieder, dass geistige Entwicklung ein gnadenloser Wettlauf sei. Mit dem Aufkommen moderner New-Age-Lehren wurde das noch verstärkt: Begriffe wie „Aufstieg“, „Dimensionssprung“ oder „Höherentwicklung“ sind populär geworden und transportieren unterschwellig einen Konkurrenzgedanken, bei dem nur wenige auserwählt sind.
All das speist sich aus einer Vermengung zweier Weltbilder, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben: die Naturwissenschaft mit ihrem Evolutionsmodell einerseits, die spirituelle Sehnsucht nach Sinn und Erlösung andererseits. Doch in einem Umfeld, in dem Menschen nach einfachen Erklärungen dürsten, finden solche Hybride einen fruchtbaren Boden.
In der Praxis bedeutet diese Denkweise, dass Menschen beginnen, ihr eigenes oder fremdes Leid zu interpretieren als Beweis für einen spirituellen Mangel. Wer Depressionen hat, wird als „niederschwingend“ abgestempelt. Wer Armut erlebt, gilt als „nicht in Fülle verbunden“. Wer krank wird, soll es angeblich selbst verschuldet haben. Diese Überzeugung ist nicht nur wissenschaftlich falsch, sondern zutiefst unmenschlich.
Im nächsten Kapitel werden wir noch genauer beleuchten, wie innerhalb der modernen New-Age-Szene und verwandter Strömungen diese Narrative konkret aussehen und welche Begriffe sie prägen. Dabei werden wir aufzeigen, wie das spirituelle Selbstwertgefühl an den Gedanken einer geistigen Auslese geknüpft wird — mit all seinen verheerenden Folgen.
New Age und der Mythos vom „spirituell Höherstehenden“
In kaum einem anderen Bereich der modernen Spiritualität hat sich die Vorstellung einer geistigen Hierarchie so stark verankert wie in der New-Age-Bewegung. Seit den 1970er-Jahren boomt diese heterogene Strömung, die aus fernöstlichen Religionen, westlicher Esoterik, alternativen Heilmethoden, Psychologie und Populärkultur Elemente zusammenmischt. Viele Menschen finden darin zunächst tröstliche Antworten, Sinn und ein Gefühl von Zugehörigkeit. Doch mitten in diesem bunten Kaleidoskop spiritueller Ideen gedeiht ein gefährlicher Gedanke: dass manche Seelen weiter entwickelt, „höher schwingend“ und anderen daher überlegen seien.
Dieses Konzept des „spirituell Höherstehenden“ tritt in ganz unterschiedlichen Gewändern auf. Mal wird es als „Aufstieg in die fünfte Dimension“ verkauft, mal als „Bewusstseinssprung“, der nur für jene zugänglich sei, die sich genug „gereinigt“ und „transformiert“ haben. Andere sprechen von Sternensaaten oder Indigo-Kindern, die mit einer besonders hohen Frequenz auf die Erde gekommen seien und deshalb eine Sonderstellung beanspruchen. Was all diese Ideen vereint, ist die Unterteilung der Menschheit in spirituelle Gewinner und Verlierer.
Diese Kategorisierung wirkt zunächst fast spielerisch, wie ein magisches Rollenspiel: Wer möchte nicht Teil einer Elite sein, die im Geheimen die Welt verändert? Doch genau hier entfaltet sich die verführerische Gefahr. Denn wer sich selbst als „erwacht“ betrachtet, kann leicht in ein Gefühl von Überlegenheit hineinrutschen. Aus Mitgefühl wird dann Mitleid, aus Empathie wird Geringschätzung, aus spiritueller Praxis wird ein Statussymbol.
Hinzu kommt, dass viele dieser Narrative einen impliziten Druck erzeugen. Wer nicht mitzieht, wer nicht „mitschwingt“, wer weiterhin Angst, Wut oder Schmerz empfindet, wird schnell als „zurückgeblieben“ etikettiert. In entsprechenden Gruppen kann man diese Dynamiken gut beobachten: Menschen berichten von depressiven Phasen, Ängsten oder Krankheiten — und ernten nicht selten subtil oder offen den Vorwurf, sie seien „noch nicht bereit“ oder „nicht bewusst genug“.
In diesem System verwandelt sich Spiritualität in eine Art Leistungssport. Statt innerer Freiheit entsteht ein Wettbewerb um Reinheit, Bewusstsein und „Lichtkörperaktivierung“. Seminare, Coachings und Online-Kurse versprechen, den Aufstieg zu beschleunigen, wenn man nur genügend Zeit, Geld und Willenskraft investiert. Der Mensch wird optimiert — diesmal nicht für die Wirtschaft, sondern für eine kosmische Hierarchie.
Was diesen Trend so perfide macht, ist die Sprache. Sie klingt zunächst freundlich, liebevoll und positiv. Begriffe wie „Transformation“, „Heilung“ oder „Lichtarbeit“ transportieren Hoffnung. Doch unter der Oberfläche wirkt ein Selektionsprinzip, das ganz ähnliche Muster zeigt wie der Sozialdarwinismus: Es gibt eine Hierarchie, und nur die Stärksten oder Fittesten erreichen den nächsten Entwicklungsschritt.
Typische Narrative lauten etwa:
- „Alles in deinem Leben hast du selbst manifestiert.“
- „Wer krank wird, ist energetisch im Ungleichgewicht.“
- „Deine Armut ist ein Spiegel deines Mangels an Bewusstsein.“
- „Negative Gedanken ziehen negative Realität an.“
Diese Aussagen werden häufig unreflektiert übernommen. Sie geben den Menschen einerseits ein Gefühl von Macht — ich erschaffe mein Leben selbst —, aber sie führen zugleich zu massiver Schuldumkehr. Wer versagt, gilt selbst als Ursache seines Unglücks. Wer leidet, hat einfach nicht hart genug an sich gearbeitet. Diese Denkmuster sind für Betroffene oft zutiefst verletzend, weil sie bestehendes Leid nicht anerkennen, sondern noch verstärken.
Besonders problematisch wird es, wenn Gurus oder Coaches diese Narrative aktiv vermarkten. Sie präsentieren sich als „höher entwickelt“ und stilisieren ihre eigene Biografie zum Beweis: Sie seien reich, gesund, glücklich — also funktioniere ihre Methode. Damit wird das spirituelle Erfolgsmodell in einen regelrechten Markt gepresst, inklusive Versprechen, man könne für ausreichend Geld ebenfalls „aufsteigen“. Spiritualität wird zur Ware, und der Mensch zum Kunden, der an seiner „höheren Frequenz“ bastelt.
Dabei geht das ursprüngliche Anliegen spiritueller Wege — innere Heilung, Sinnsuche, Verbindung zu anderen Menschen — völlig verloren. An seine Stelle tritt ein System, das Menschen trennt statt verbindet, das schwächt statt stärkt, das Schuld zuweist statt Empathie weckt.
Ein zentrales Problem liegt darin, dass Spiritualität hier nicht mehr als individuelle Erfahrung verstanden wird, sondern als Rangordnung. Wer mehr meditiert, mehr Seminare besucht, mehr Geld ausgibt, mehr „Lichtcodes“ integriert, wird angeblich automatisch ein besserer Mensch. Die Qualität von Mitgefühl, von zwischenmenschlicher Wärme, von sozialer Verantwortung — sie zählt in diesen Szenarien kaum noch.
In der Praxis führt das dazu, dass sich Gruppen bilden, die Außenstehende abwerten und abschotten. Menschen mit psychischen Belastungen, mit chronischen Erkrankungen oder mit schwierigen Lebensumständen werden als „energetisch toxisch“ gebrandmarkt und ausgegrenzt. Freundschaften zerbrechen, Familien zerfallen, weil einzelne Mitglieder den spirituellen Ansprüchen nicht genügen.
Es ist wichtig, diese Entwicklungen zu benennen, ohne alle spirituellen Praktiken über einen Kamm zu scheren. Es gibt viele ernsthafte, solidarische spirituelle Wege, die Mitgefühl, Achtsamkeit und Verbundenheit in den Mittelpunkt stellen. Doch die Tendenz, Spiritualität zu einem Markt und einem selektiven Wettkampf um höhere Schwingung zu machen, prägt leider einen großen Teil der New-Age-Szene und führt immer wieder zu Ausgrenzung und Leid.
Im nächsten Kapitel werden wir genau analysieren, welche psychologischen Mechanismen dazu beitragen, dass Menschen sich auf solche Hierarchien einlassen — und warum Schuld und Scham dabei so eine große Rolle spielen.
Psychologische Dynamiken: Schuld, Scham und spirituelles Überlegenheitsgefühl
Um zu verstehen, warum spiritueller Darwinismus in so vielen Köpfen Anklang findet, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die psychologischen Dynamiken zu werfen, die diesen Glaubenssätzen ihre Kraft verleihen. Denn auch wenn viele der Konzepte auf den ersten Blick bizarr oder sogar grausam erscheinen, bedienen sie doch sehr grundlegende menschliche Bedürfnisse und Ängste.
Der Mensch strebt nach Orientierung, nach Sinn und nach einem Gefühl von Kontrolle. Gerade in einer unsicheren Welt voller Krankheit, Ungerechtigkeit, Armut und Naturkatastrophen wirkt die Idee, das eigene Schicksal vollständig in der Hand zu haben, verlockend. Der Glaube an Manifestation, Schwingungen und spirituelle Selektion verspricht scheinbare Autonomie: Wenn ich nur genug an mir arbeite, wird mir nichts Schlimmes geschehen.
Dieses Bedürfnis nach Kontrolle ist zutiefst menschlich. Es schützt vor Ohnmachtsgefühlen, vor der schmerzhaften Einsicht, dass es Dinge gibt, die wir einfach nicht beeinflussen können. Spiritueller Darwinismus liefert dafür eine eingängige Erklärung: Erfolg oder Misserfolg, Gesundheit oder Krankheit — alles spiegelt angeblich die innere Entwicklung wider. Das gibt den Anhängern ein Gefühl von Sicherheit, auch wenn es faktisch eine Illusion ist.
Ein weiterer psychologischer Faktor ist das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. In spirituellen Gruppen, die eine Art Hierarchie aufbauen, finden Menschen soziale Bestätigung und Gemeinschaft. Wer sich selbst als „hochschwingend“ definiert, kann stolz auf sich sein, findet Bewunderung bei Gleichgesinnten und fühlt sich als Teil einer elitären Bewegung. Diese Gemeinschaft schützt vor Einsamkeit und verleiht ein Gefühl von Wichtigkeit.
Gleichzeitig wirkt hier eine perfide Dynamik von Schuld und Scham. Wer in diesen Systemen versagt — wer krank wird, wer scheitert, wer nicht „aufsteigt“ —, bekommt oft vermittelt, dass es sein eigener Fehler sei. Das erzeugt einen Kreislauf: Menschen schämen sich, weil sie nicht mithalten können, und versuchen daraufhin noch härter an sich zu arbeiten, um nicht als Versager zu gelten. Coaches und spirituelle Gurus nutzen dieses Schuldgefühl geschickt, um Angebote zu verkaufen, die „Heilung“ oder „Transformation“ versprechen.
Der Mechanismus ist bekannt aus vielen autoritären oder sektenartigen Strukturen:
- Erzeuge ein Problem. („Du bist noch nicht hoch genug entwickelt.“)
- Definiere die Schuld. („Du bist selbst verantwortlich für dein Unglück.“)
- Biete eine Lösung. („Kaufe mein Coaching, besuche mein Seminar.“)
So entsteht ein emotionaler Teufelskreis, in dem die Betroffenen immer abhängiger werden. Ihr Selbstwertgefühl wird an den spirituellen Status gekoppelt, den die Gruppe vorgibt. Anstatt Freiheit zu gewinnen, verstricken sie sich zunehmend in einer Abhängigkeit von Regeln, Riten und Anführern.
Das Gefühl von Überlegenheit, das diese Lehren anbieten, wirkt dabei wie eine Droge. Wer glaubt, „weiter“ zu sein als andere, empfindet Stolz, vermeintliche Sicherheit und eine Bestätigung des eigenen Egos. Diese Selbstaufwertung stabilisiert das eigene Weltbild und wirkt wie ein Schutzschild gegen die existenziellen Ängste, die jeden Menschen heimsuchen.
Problematisch wird es, wenn dieses Überlegenheitsgefühl in offenen oder subtilen Hass umschlägt. Wer die „niederschwingenden“ Menschen verachtet, kann Mitgefühl verlieren und beginnt, diese Menschen abzuwerten. So entstehen Abwertungen von Kranken, Armen oder sozial Schwachen — genau wie im historischen Sozialdarwinismus. Nur wird hier kein biologisches Kriterium angelegt, sondern ein esoterisches. Das Ergebnis bleibt ähnlich: Diskriminierung, Isolation und Spaltung.
Aus psychologischer Sicht sind Schuld und Scham hochwirksame soziale Kontrollinstrumente. Sie binden Menschen an Gruppen, weil sie Angst davor haben, ausgeschlossen oder verurteilt zu werden. Gerade Menschen, die ohnehin verletzlich sind — etwa durch Krankheit, traumatische Erfahrungen oder biografische Brüche — sind besonders anfällig für diese Mechanismen. Spirituelle Hierarchien erscheinen ihnen zunächst als Chance, ihr Leben zu verbessern. Doch sie werden oft nur tiefer in Abhängigkeit und Selbstzweifel hineingezogen.
Auch spielt der Wunsch nach einem moralischen Weltbild eine Rolle. Viele Menschen möchten glauben, dass das Universum gerecht ist — dass gute Menschen belohnt und schlechte Menschen bestraft werden. Dieses Bedürfnis nach Gerechtigkeit kann der spirituelle Darwinismus perfekt bedienen: Wer erfolgreich ist, muss gut sein. Wer leidet, ist eben selbst schuld. So entsteht ein moralisches Ordnungssystem, das innere Widersprüche beruhigt.
Doch in Wahrheit unterläuft diese Logik alles, was Spiritualität eigentlich leisten könnte: Empathie, Solidarität und Mitgefühl. Denn das Leben ist unberechenbar und nicht fair — Menschen werden krank, unabhängig davon, wie liebevoll oder bewusst sie leben. Armut entsteht nicht zwingend aus mangelndem Bewusstsein, sondern oft aus sozialer Benachteiligung. Und Gewalt trifft auch jene, die keine „niedrigen Schwingungen“ haben, sondern schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort sind.
Genau hier entlarvt sich die Schwäche des spirituellen Darwinismus: Er ignoriert die Komplexität menschlicher Schicksale und reduziert sie auf ein primitves Belohnungs- und Bestrafungssystem. Dadurch erscheint er einfach und plausibel, aber in Wirklichkeit ist er grausam und realitätsfern.
Im nächsten Kapitel werden wir betrachten, welche gesellschaftlichen Folgen diese Denkweise nach sich zieht — von Ausgrenzung bis hin zur Verschärfung sozialer Ungleichheiten.
Gesellschaftliche Folgen des spirituellen Darwinismus
Die Denkweise des spirituellen Darwinismus bleibt nicht in den Köpfen einzelner Menschen gefangen. Sie wirkt nach außen und prägt ganze Gemeinschaften, Familien und gesellschaftliche Zusammenhänge. Ihre Folgen sind oft subtil, aber nicht weniger zerstörerisch als jene klassischer sozialdarwinistischer Konzepte.
Zunächst zeigt sich eine wachsende Tendenz zur sozialen Entsolidarisierung. Wer Leid und Krankheit als Ausdruck persönlicher oder spiritueller Unzulänglichkeit betrachtet, verliert oft die Bereitschaft, andere zu unterstützen. Wenn Armut, Depression oder chronische Erkrankungen als selbstverschuldet gelten, verschwindet das Mitgefühl. Stattdessen dominiert die Haltung: „Der oder die hätte halt mehr an sich arbeiten müssen.“
Das schwächt die gesellschaftliche Solidarität massiv. Menschen, die eigentlich Hilfe bräuchten, werden zusätzlich stigmatisiert und ausgegrenzt. Gerade in spirituellen Milieus, die vorgeben, Liebe und Achtsamkeit zu leben, wirkt das wie ein Widerspruch — aber genau dieser Widerspruch gehört zu den paradoxen Effekten des spirituellen Darwinismus.
Hinzu kommen ökonomische Effekte. Wer glaubt, sein eigenes Schicksal vollständig zu verantworten, ist eher bereit, in teure Coachings, Seminare oder Heilversprechen zu investieren. Diese Märkte boomen. Die Nachfrage nach spirituellen Produkten, die einen „Aufstieg“ oder eine „Schwingungserhöhung“ versprechen, wächst stetig. Menschen geben nicht selten ihr gesamtes Erspartes dafür aus, in der Hoffnung, endlich auf einer höheren Bewusstseinsebene anzukommen.
Daraus ergibt sich eine gefährliche ökonomische Abwärtsspirale: Wer einmal in diesem System steckt und es nicht schafft, wird immer wieder neue Angebote buchen — aus Scham, aus Angst, aus Schuldgefühlen. Gleichzeitig profitieren wenige Anbieter von dieser Not. Spiritueller Darwinismus erzeugt somit auch eine Form von spirituellem Kapitalismus, der sich an der Verzweiflung seiner Kundschaft nährt.
Ein weiteres gesellschaftliches Problem liegt in der Zementierung sozialer Unterschiede. Wenn Wohlstand oder Gesundheit als Zeichen spiritueller Überlegenheit gelten, können bestehende soziale Ungleichheiten sogar noch verschärft werden. Wer reich ist, gilt als „in Fülle verbunden“. Wer arm ist, als „im Mangel schwingend“. Das stabilisiert die bestehende soziale Hierarchie, weil sie nicht mehr als ungerecht erscheint, sondern als gottgewollt oder kosmisch gerecht.
So werden gesellschaftliche Strukturen, die Benachteiligung und Diskriminierung hervorbringen, entpolitisiert und entmoralisiert. Statt sich gegen Armut, Krankheit oder Unterdrückung einzusetzen, wird den Betroffenen vermittelt, sie müssten nur „ihre Schwingung erhöhen“, um ihre Lage zu verbessern. Das lenkt von tatsächlichen Ursachen wie Bildungsungleichheit, Rassismus oder struktureller Diskriminierung ab.
Auch auf zwischenmenschlicher Ebene wirkt spiritueller Darwinismus zerstörerisch. Familien zerbrechen, wenn sich einzelne Mitglieder einer spirituellen Elite zugehörig fühlen und den Rest abwerten. Freundschaften gehen kaputt, weil ein ständiges Leistungs- und Konkurrenzdenken selbst spirituelle Beziehungen vergiftet. Wer sich nicht weiterentwickelt, wird fallen gelassen — in einer Art geistiger Auslese.
Besonders drastisch zeigt sich das in spirituellen Gemeinschaften oder Gruppen, die streng hierarchisch aufgebaut sind. Dort werden Schwäche, Krankheit oder Zweifel nicht als menschlich anerkannt, sondern als Mangel an Spiritualität interpretiert. Das kann psychisch hoch belastend sein. Menschen, die sowieso schon vulnerabel sind, erfahren noch mehr Druck, noch mehr Schuldzuweisungen und noch mehr Einsamkeit.
Langfristig entstehen so sektenähnliche Strukturen. Führerfiguren oder Coaches setzen das Narrativ vom spirituellen Darwinismus gezielt ein, um ihre Macht zu sichern. Wer Fragen stellt oder Kritik äußert, gilt schnell als „toxisch“ oder „niederschwingend“ und wird ausgeschlossen. Das fördert eine autoritäre Dynamik, die keine Vielfalt an Meinungen mehr zulässt.
In einer offenen, demokratischen Gesellschaft sind solche Tendenzen gefährlich. Sie fördern Polarisierung, Spaltung und ein Klima, in dem Mitgefühl und Solidarität schwinden. Wo Spiritualität eigentlich verbinden könnte, entsteht ein System, das Menschen nach Wertigkeit sortiert und dabei noch den moralischen Anspruch erhebt, dies sei ein „göttliches Gesetz“.
Zusammengefasst kann man sagen, dass spiritueller Darwinismus auf mehreren Ebenen wirkt:
- sozial, indem er Solidarität schwächt und Ausgrenzung befördert
- ökonomisch, indem er einen profitablen Coaching- und Heilsmarkt antreibt
- kulturell, indem er gesellschaftliche Ungleichheit zementiert
- psychologisch, indem er Scham und Schuld als Manipulationswerkzeuge nutzt
Im nächsten Kapitel werden wir uns Beispiele aus der Praxis anschauen, die diese Wirkmechanismen illustrieren. Damit wollen wir das abstrakte Konzept greifbarer machen und zeigen, wie spiritueller Darwinismus konkret Menschenleben beeinflusst.
Beispiele und Fallanalysen
Theorien bleiben oft abstrakt, solange sie nicht mit realen Erfahrungen verknüpft werden. Deshalb lohnt sich ein Blick auf Beispiele und Fallanalysen, die zeigen, wie spiritueller Darwinismus tatsächlich in Gemeinschaften und im Alltag wirkt. Diese Fallbeispiele stammen aus Beratungen, Berichten Betroffener oder öffentlich zugänglichen Foren und dienen dazu, die Mechanismen greifbar zu machen.
Fall 1: Die Ausgrenzung von Kranken
In einer spirituell orientierten Frauengruppe berichtete eine Teilnehmerin über ihre Krebserkrankung. Zunächst wurde sie mit Zuspruch empfangen, doch bald kippten die Reaktionen. Einige Mitglieder äußerten, sie müsse ihre Krankheit als Zeichen ihrer „negativen Energien“ verstehen. Ihr wurde geraten, mehr zu meditieren, sich von „toxischen“ Menschen fernzuhalten und die „richtigen Affirmationen“ zu sprechen. Als ihr Gesundheitszustand sich verschlechterte, wandten sich viele ab.
In Foren schrieb sie später, dass sie sich zutiefst schämte, weil sie die Schuld für ihr Leiden internalisiert hatte. Sie fühlte sich minderwertig und als spirituelle Versagerin. Statt Unterstützung erhielt sie Isolation. Dieses Muster ist typisch: Spiritueller Darwinismus verwandelt Krankheit in ein persönliches oder moralisches Versagen. Betroffene werden zu Sündenböcken — und verlieren nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr soziales Umfeld.
Fall 2: Spirituelle Partnerschaften im Konkurrenzmodus
Ein Paar, das sich in einem esoterischen Workshop kennengelernt hatte, berichtete später von zunehmenden Konflikten. Zunächst teilten sie eine euphorische Phase des „gemeinsamen Aufstiegs“, in der sie gemeinsam an Seminaren teilnahmen, Rituale abhielten und spirituelle Praktiken austauschten. Doch bald entstand ein Wettlauf: Wer ist weiter? Wer schwingt höher?
Der Mann begann, die Frau abzuwerten, weil sie seiner Meinung nach „noch Blockaden“ hatte. Sie wiederum fühlte sich ihm unterlegen und investierte viel Geld in Einzelsitzungen bei Coaches, um „aufzuholen“. Schließlich zerbrach die Beziehung. Das Streben nach spiritueller Perfektion hatte sich in einen Konkurrenzkampf verwandelt, der die Bindung zerstörte.
Fall 3: Eine Community und ihr „Meister“
In einer online organisierten spirituellen Gemeinschaft führte ein charismatischer Gründer die Gruppe. Er definierte, wer „hochschwingend“ genug sei, um in den inneren Kreis aufgenommen zu werden. Zweifelnde oder kritische Stimmen wurden konsequent ausgeschlossen. Wer sich wehrte, wurde öffentlich bloßgestellt: „Deine Angst zeigt nur, dass du nicht entwickelt genug bist.“
Viele Mitglieder berichteten später, dass sie nach Monaten kaum noch Kontakt zur Außenwelt hatten. Sie richteten ihren gesamten Alltag auf die Vorgaben des Gurus aus — in der Hoffnung, spirituell endlich „aufzusteigen“. Der Gruppendruck war enorm. Als einige ausstiegen, brauchten sie therapeutische Hilfe, um Schuld- und Angstgefühle zu verarbeiten.
Fall 4: Spiritualität als Geschäftsmodell
In einem Fall aus der Coaching-Szene beschrieb eine junge Frau, wie sie mehrere tausend Euro für einen „spirituellen Aufstiegskurs“ ausgab. Der Anbieter versprach, sie könne ihr Leben vollständig transformieren und „niedrige Frequenzen“ hinter sich lassen. Doch nach Kursende war ihr Problem — schwere Depressionen — unverändert.
Stattdessen bekam sie die Rückmeldung, sie habe „nicht genug mitgemacht“ oder „nicht ausreichend Vertrauen“ gezeigt. Dadurch fühlte sie sich erneut schuldig und buchte weitere Kurse. Ihre Verschuldung stieg, während ihr Zustand sich verschlechterte. Erst nach einem Klinikaufenthalt konnte sie diesen Kreislauf unterbrechen.
Fall 5: Kinder und der Druck zur Hochbegabung
Auch Kinder bleiben nicht verschont. Immer wieder tauchen in spirituellen Milieus Konzepte wie „Indigo-Kinder“ oder „Kristallkinder“ auf. Diese Kinder sollen besonders hoch entwickelt sein, mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet, spirituelle Führer der neuen Zeit.
Ein Junge, der in einem solchen Umfeld aufwuchs, schilderte später als Erwachsener, dass er sich ständig unter Druck gesetzt fühlte. Wenn er Fehler machte oder Schwächen zeigte, hieß es: „Du bist ein Indigo-Kind, du darfst so etwas nicht.“ Statt Geborgenheit erlebte er Leistungsdruck und ein Gefühl, nie zu genügen. Das Resultat war massives Versagensgefühl und soziale Ängste.
Diese Fallbeispiele machen deutlich, wie der spirituelle Darwinismus reale Schicksale prägt. Er zerstört Vertrauen, soziale Bindungen und oft auch die psychische Gesundheit. Menschen werden zu einem Projekt erklärt, das optimiert werden muss. Ihre Würde hängt nicht mehr an ihrem Menschsein, sondern an ihrer „Schwingung“.
Besonders perfide ist dabei, dass Leidende ihre eigene Lage häufig nicht mehr als gesellschaftlich oder biologisch bedingt wahrnehmen, sondern als Beweis persönlicher Schwäche. Dadurch schwindet ihr Widerstand gegen soziale Ungerechtigkeit und sie verlieren den Mut, für sich einzustehen.
Im nächsten Kapitel wollen wir überlegen, wie eine Spiritualität aussehen könnte, die solche destruktiven Muster vermeidet — und stattdessen auf Mitgefühl, Solidarität und gemeinsames Wachstum setzt.
Ethik und Spiritualität: Wie kann es anders gehen?
Nach der detaillierten Analyse der zerstörerischen Wirkmechanismen des spirituellen Darwinismus stellt sich die Frage: Gibt es eine andere, heilsame Form von Spiritualität? Eine, die weder Konkurrenz noch Schuld erzeugt, sondern echten inneren Frieden, Gemeinschaft und Solidarität fördert?
Die Antwort lautet: Ja. Spiritualität kann – und sollte – als ein Weg verstanden werden, der verbindet, statt zu trennen. Statt den Menschen in Kategorien wie „hochschwingend“ oder „niederschwingend“ einzuteilen, könnte eine gesunde Spiritualität davon ausgehen, dass jeder Mensch wertvoll ist, unabhängig von seinen Lebensumständen oder seinen sogenannten Schwingungen.
Ein ethisches, verantwortungsbewusstes spirituelles Verständnis stellt einige Grundwerte in den Mittelpunkt:
- Mitgefühl – den Schmerz anderer nicht als Versagen deuten, sondern als einen Teil des Menschseins, der Fürsorge verdient.
- Solidarität – die Bereitschaft, andere zu unterstützen, gerade wenn sie schwach oder krank sind, statt sie abzuwerten.
- Demut – die Einsicht, dass niemand vollkommen ist und dass auch eigene Erfolge nie allein dem eigenen Verdienst entspringen.
- Gemeinschaft – die Überzeugung, dass wir uns gemeinsam entwickeln, nicht gegeneinander.
- Achtsamkeit – ein tiefer Respekt vor den Grenzen anderer und vor der Komplexität von Leben und Leid.
Spiritualität, die diesen Werten folgt, kann heilen, statt zu verletzen. Sie kann Kraft geben, statt Druck auszuüben. Sie kann Räume eröffnen, in denen Menschen sich sicher fühlen dürfen, gerade auch mit ihren Schattenseiten, Schwächen und Wunden.
Statt auf eine „Auslese“ zu setzen, könnte eine solidarische Spiritualität immer wieder die Frage stellen:
Wie kann ich helfen?
Wie kann ich dazu beitragen, dass andere sich entfalten?
Wie können wir gemeinsam lernen, anstatt gegeneinander?
Ein wichtiger Schritt ist dabei auch eine Aufklärung über gesellschaftliche Zusammenhänge. Spiritualität darf niemals die Augen verschließen vor realen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Problemen. Armut, Krankheit oder psychische Krisen sind in sehr vielen Fällen strukturell verursacht – nicht einfach Ergebnis einer persönlichen „Fehlentwicklung“. Eine ethische Spiritualität müsste also immer auch kritisch sein, Verantwortung auf struktureller Ebene erkennen und sich solidarisch für Gerechtigkeit einsetzen.
Praktisch bedeutet das:
- Hilfe für Menschen in Not statt Schuldzuweisungen
- Engagement gegen soziale Ungleichheit
- Respekt vor der Würde jedes Menschen, unabhängig von seinem „spirituellen Status“
- Förderung von Gemeinschaftsritualen, die verbinden statt auszuschließen
- eine Sprache, die nicht abwertet, sondern auf Augenhöhe einlädt
Es gibt zahlreiche Traditionen, die genau diesen solidarischen Kern betonen. Zum Beispiel betont die buddhistische Ethik das Prinzip des Mitgefühls für alle Lebewesen. Christliche Nächstenliebe stellt ebenfalls den Wert jedes Menschen unabhängig von seinem Erfolg oder Status in den Mittelpunkt. In indigenen Kulturen finden sich Vorstellungen von Verbundenheit mit allen Wesen und dem Land, die keinen Raum für elitäres Denken lassen.
All diese Wege zeigen: Spiritualität muss nicht zum Selektionsmechanismus werden. Sie kann eine Ressource sein, um heilende Beziehungen zu schaffen — mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit der Welt.
Dazu braucht es aber auch einen kritischen Blick nach innen. Jeder, der spirituelle Wege geht, sollte sich immer wieder fragen:
- Fördere ich mit meinem Tun Mitgefühl oder Konkurrenz?
- Ermutige ich andere oder wertet meine Haltung sie ab?
- Spreche ich in einer Sprache, die Schuld und Scham verstärkt?
- Sehe ich den Menschen als Ganzes, oder messe ich ihn nur an Erfolgen?
Solche Reflexionen können helfen, die blinden Flecken im eigenen spirituellen Denken zu erkennen. Denn niemand ist immun gegen die Versuchung, sich selbst als „besser“ zu sehen. Gerade deshalb braucht es Demut, um immer wieder den solidarischen Kern der Spiritualität zu bewahren.
Es wäre wünschenswert, dass mehr spirituelle Lehrende, Coaches oder Gruppen sich zu diesen ethischen Prinzipien bekennen. Denn sie haben eine Verantwortung für die Seelen, die sie begleiten. Und sie haben einen großen Einfluss darauf, ob Spiritualität als Quelle von Trost und Gemeinschaft erlebt wird — oder als knallharter Selektionskampf.
Im nächsten und abschließenden Kapitel werden wir die zentralen Gedanken noch einmal zusammenführen und einen Ausblick geben, wie wir einen achtsameren und solidarischeren Umgang mit Spiritualität fördern können.
Fazit
Der Begriff „spiritueller Darwinismus“ beschreibt eine gefährliche und zutiefst problematische Strömung innerhalb moderner Spiritualität. Er übernimmt das Prinzip der Selektion aus dem Darwinismus und überträgt es auf den menschlichen Geist und die spirituelle Entwicklung. Dadurch entstehen Hierarchien, die Menschen nach ihrem angeblich „höheren“ oder „niedrigeren“ Bewusstsein sortieren. Wer Erfolg, Gesundheit oder Wohlstand hat, gilt als spirituell überlegen, wer scheitert oder leidet, wird herabgesetzt.
Diese Denkweise ist nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, sondern auch ethisch verwerflich. Sie verwandelt Spiritualität in ein Konkurrenzsystem, das Schuld und Scham als Steuerungsinstrumente benutzt. Wer nicht „mithalten“ kann, wer krank ist oder psychisch leidet, wird oft allein gelassen oder gar ausgegrenzt. Dabei bräuchten gerade solche Menschen Mitgefühl, Solidarität und Unterstützung.
Die gesellschaftlichen Folgen sind gravierend:
- Solidarität schwindet, weil Misserfolge als selbstverschuldet gelten
- soziale Ungleichheiten werden spirituell legitimiert
- profitable Märkte entstehen, die an Ängsten verdienen
- Gemeinschaften zerfallen, weil Konkurrenzdenken statt gegenseitiger Hilfe dominiert
Die Beispiele und Fallanalysen haben gezeigt, wie real diese Entwicklungen sind. Menschen verlieren in solchen Systemen nicht nur Geld und Freunde, sondern oft auch ihr Selbstwertgefühl. Sie übernehmen Schuld für Dinge, die sie gar nicht beeinflussen können, und werden so immer verwundbarer für weitere Manipulation.
Doch es gibt einen anderen Weg. Eine ethisch verantwortungsvolle Spiritualität kann und sollte auf Mitgefühl, Solidarität und Gemeinschaft setzen. Sie kann den Menschen als ganzheitliches Wesen sehen, dessen Wert nicht davon abhängt, wie „hoch“ er schwingt oder wie erfolgreich er manifestiert. Spirituelle Praxis, die auf Liebe und Achtsamkeit basiert, kann helfen, Verletzungen zu heilen, statt sie zu vergrößern.
Das bedeutet auch, sich der gesellschaftlichen Realität zu stellen. Armut, Krankheit, Leid sind nicht immer nur persönliches Versagen oder Zeichen mangelnder Spiritualität. Sie sind oft Resultat struktureller Ungerechtigkeit und sozialer Probleme, die spirituelle Menschen nicht ausblenden sollten. Eine wirklich verantwortungsvolle Spiritualität muss daher politisch wach sein und darf sich nicht in simplifizierenden Erklärungsmustern verlieren.
Es liegt an uns allen, die wir uns mit Spiritualität beschäftigen, genau hinzusehen:
- Wie sprechen wir über Leid?
- Wie begegnen wir Menschen in schwierigen Situationen?
- Fördern wir Mitgefühl oder verstärken wir Schuld?
- Halten wir Räume offen für Vielfalt und Unterschiedlichkeit, oder errichten wir neue Hierarchien?
Der spirituelle Darwinismus wird nicht einfach verschwinden. Zu verlockend ist sein Heilsversprechen, zu mächtig ist das Bedürfnis nach einfachen Antworten in einer komplexen Welt. Aber indem wir aufklären, hinterfragen und solidarische spirituelle Konzepte fördern, können wir gegensteuern.
Am Ende geht es darum, Spiritualität wieder als das zu begreifen, was sie ursprünglich sein sollte: ein Weg zur Verbindung. Verbindung mit uns selbst, mit anderen, mit dem Leben und mit dem Geheimnis, das größer ist als wir. Eine Verbindung, die niemanden ausschließt und niemanden abwertet, sondern uns alle als gleich wertvoll anerkennt.
In diesem Sinne kann Spiritualität tatsächlich transformierend wirken — nicht durch Selektion, sondern durch Mitmenschlichkeit.
Vielen Dank verehrter Leser, dass Sie sich für diesen Artikel Zeit genommen haben! Vielleicht habe ich mit diesem Beitrag zum nach- oder umdenken angeregt, was auch der eigentliche Sinn dieses Artikels war
Bitte vergessen Sie niemals, dass auch ich nicht perfekt bin und mir hier und da ebenso Fehler geschehen können, was auch menschlich ist. Ich stelle mich mit meinen Beiträgen und Meinungen nicht über andere Seelen, was mir sehr oft vorgehalten wird.
Bitte bleiben Sie gesund, denn das ist ein hohes Gut das wir pflegen sollten!!!
Herzlichst
Ihr Alfred-Walter von Staufen
In eigener Sache:
Ich bin in meinem ersten Buch: „Der geheime Pakt der Freimaurer, Khasaren und Jesuiten: Wir bleiben durch unser Blut verbunden. Tod dem, der darüber spricht!“ der Frage nachgegangen: Was ist eigentlich Demokratie. Überlegen Sie doch bitte einmal selber: Wenn nach einer Wahl die großen Volksparteien entscheiden, wer in den Parteien das Sagen hat, um dann zu entscheiden, wer das Sagen im ganzen Land hat, ohne dass die Menschen im Land etwas dazu zu sagen haben, nennt man dies noch Demokratie?!
Ich suchte auch Antworten, wer die Wächter des Goldes sind und was der Schwur der Jesuiten besagt? Sind die „Protokolle der Weisen von Zion“ wirklich nur eine Fälschung? Was steht in der Balfour-Erklärung geschrieben? Ist die „Rose“ wirklich die Blume der Liebe oder steht sie viel mehr für eine Sklavengesellschaft? Was ist eigentlich aus dem Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach und dem Sachsensumpf geworden? Sind die Heiligen, welche wir anbeten, wirklich unsere Heiligen oder Götzenbilder des Teufels? Was hat es in Wahrheit mit dem Bio-Siegel auf sich?
Im vorletzten Kapitel dieses Buches dreht es sich um die augenscheinlichen Lügen und das Zusammenspiel der Politik, Banken und Wissenschaft.
Eine sehr wichtige Botschaft möchte ich am Ende des Buches in die Welt senden: Wir dürfen uns nicht mehr spalten lassen, denn der kleinste gemeinsame Nenner, zwischen uns allen dürfte sein, dass wir inzwischen ALLE extrem die Schnauze von diesem System voll haben und darauf sollten wir aufbauen!
Unser Buch: „Die Autorität: Die geheime Macht der Blutlinien der Pharaonen“
SIE WAREN NIE WIRKLICH WEG, JETZT HERRSCHT DIE AUTORITÄT ÜBER DIE GANZE MENSCHHEIT
Wir vermitteln Ihnen Informationen, welches Ihr falsch erlerntes Weltbild zerstören werden. Ein Weltbild, welches Ihnen seit Ihrer Geburt aufgezwungen wurde und dem man nicht entkommen kann bis zu diesem Buch. Das, was Ihnen überall durch die Medien erzählt wird, hat nicht viel mit der Realität zu tun. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr die Realität sogar das genaue Gegenteil von dem ist, was Sie ständig hören und sehen. Das ist nicht nur die satanische Verdrehung der Wahrheit, sondern auch die Umkehrung der Geschichte. Denn nicht einmal auf die Jahreszahlen können Sie sich verlassen. Ihre Organisationen verwenden zahlreiche Methoden, um die Manipulation der Menschheit still und heimlich zu implementieren. Sie benutzen die Medien und Prominente, damit ihre weitreichenden Pläne eine akzeptable Basis bei der Mehrzahl der Menschen finden. Sie sind nur ein Zahnrad in einem riesigen Getriebe, welches die Welt so wie sie ist, am Laufen hält. Weisheit und Macht sind nur auserwählten Familien oder Politikern, die uneingeschränkt dienen, zugänglich. Darum sind wir alle, in den Augen der herrschenden Elite, nichts anderes als Sklaven und zwar Freiwillige, eine Nummer, einer von Milliarden oder auch gerne als Schafe, Vieh oder Ratten bezeichnet. Wir sind ihr ausführendes Personal in einem betrügerischen Schuldgeldsystem, dem wohl wissend und stillschweigend alle zustimmen. Dieses System existiert seit den Zeiten der Pharaonen. Deren Machtstrukturen und Symbolik aus dem alten Ägypten finden Sie in den Logen, Religionen, Unternehmen und globalen Organisationen bis hin zum scheinbar vergnüglichen Kult des Karnevals. Nichts ist wie es scheint. Politiker und andere Berühmtheiten aus Fernsehen und Sport mit Dreck am Stecken gehören entweder zum Establishment oder dienen einem bestimmten Zweck und werden deshalb geschützt. Missbrauch, Pädophilie und Einschüchterung bis hin zum rituellen Mord gehören zum Repertoire der Verschwörer in den Logen. Die Blutlinien der Nachfahren der Pharaonen haben ihre Macht wie ein Spinnennetz über die Erde gelegt und wirken bis in die kleinsten Nischen unseres Alltags. Doch heute sind es nicht die Pharaonen welche das Schicksal der Erde denken und lenken, heute hat die Autorität die Könige, Präsidenten, Päpste, Milliardäre sowie unzählige Handlanger wie Schauspieler, Sänger und andere Prominente installiert. Sie gehören zum immerwährenden Programm wie Teile und Herrsche, Brot und Spiele oder die Ruhigstellung durch Wahlen von Politikern, die Veränderungen bringen sollen aber doch nur alle der Autorität dienen. Das Warte-Spiel der falschen Propheten, nutzt ebenso nur den böswilligen Kräften der Autorität und deren Kontrolle über uns. Vertrauen Sie also nicht dem scheinheiligen und göttlichen Plan und stopfen Sie sich nicht jeden Abend Popcorn in den Kopf. Ehren Sie stattdessen Ihren Weg, fassen Sie Mut und Verantwortung für Ihr Sein.
Dieses Buch ist Ihr Wegweiser!
Abbildungen:
- Alfred-Walter von Staufen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Darwinismus / Sozialdarwinismus
- Charles Darwin: On the Origin of Species (1859)
- Richard Hofstadter: Social Darwinism in American Thought (1955)
- Mike Hawkins: Social Darwinism in European and American Thought, 1860–1945 (1997)
- Gerhard Vollmer: Darwinismus heute (2002)
Spiritualität / Esoterik / New Age
- Wouter J. Hanegraaff: New Age Religion and Western Culture (1996)
- Marion Goldman: Passionate Journeys: Why Successful Women Joined a Cult (1999)
- Olav Hammer: Claiming Knowledge: Strategies of Epistemology from Theosophy to the New Age (2001)
- Egil Asprem: The Problem of Disenchantment: Scientific Naturalism and Esoteric Discourse 1900–1939 (2014)
Psychologie / Gruppendynamik
- Leon Festinger: A Theory of Cognitive Dissonance (1957)
- Erich Fromm: Die Kunst des Liebens (1956)
- Margaret Singer: Cults in Our Midst (2003)
- Janja Lalich: Bounded Choice (2004)
Gesellschaft / Spiritualität und Ökonomie
- Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1904/05)
- Ulrich Beck: Risikogesellschaft (1986)
- Heelas, Paul: The New Age Movement (1996)
Internetquellen / Zeitungsartikel
- Bundeszentrale für politische Bildung: Sozialdarwinismus — Ideologien und Folgen
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-politischen-begriffe/197425/sozialdarwinismus/
- de: Darwinismus in Spiritualität und Esoterik
- https://www.spektrum.de/news/esoterik-und-darwinismus-eine-gefaehrliche-verbindung/1802203