
Es gibt Bücher, die wollen etwas sagen. Und dann gibt es Bücher, die schreien – ohne Lautsprecher. „BLUTGELD – Die seelenlosen Profiteure des Todes“ ist kein lautes Buch, aber eines, das tief schneidet. Alfred-Walter von Staufen schreibt, als würde er eine Autopsie an der Moral unserer Zivilisation durchführen: präzise, kalt, aber mit brennender Leidenschaft für Gerechtigkeit.
Während sich andere Autoren mit Fake-Skandalen, verschwundenen Amazon-Seiten und angeblichen Hausdurchsuchungen ins Gespräch bringen, hat Staufen einfach das getan, was man eigentlich von Intellektuellen erwartet: recherchiert, gedacht, geschrieben – und getroffen.
Dieses Buch handelt nicht von Verschwörung, sondern von der Wahrheit, die sich als System tarnt. Es geht um die, die in Kriegen Kasse machen, in Pandemien Dividenden einfahren und in Krisen ihre Bilanzen vergolden. Es geht um die Architekten der Zerstörung, deren Hände niemals schmutzig werden, weil sie andere bezahlen, sie zu beschmutzen.
„BLUTGELD“ ist ein Buch, das dort beginnt, wo andere aufhören: bei den Namen, bei den Strukturen, bei der moralischen Kälte, die sich seit einem Jahrhundert wie ein unsichtbares Spinnennetz über die Welt gelegt hat. Es ist ein Werk über Banken, Waffen, Pharma, Medien, Kirchen – und über die eigentliche Frage:
Was kostet ein Menschenleben, wenn es zur Ware wird?
Eine Empfehlung von Mara-Josephine Lützeler von Roden
Die unsichtbare Industrie des Todes
Krieg, Pandemie, Finanzcrash – drei Schlagworte, ein Geschäftsmodell.
Alfred-Walter von Staufen beschreibt in „BLUTGELD“ eine Welt, in der jeder Tod, jede Katastrophe, jede Krise ein Marktsegment ist.
Wo andere Trümmer sehen, sehen Fondsmanager Potenziale. Wo ein Land zerbombt wird, planen Berater den Wiederaufbau. Wo Menschen sterben, steigt der Kurs.
Der Autor zieht eine Linie von den Chemiekonzernen des Zweiten Weltkriegs über die Wiederaufbauprogramme der 1950er bis zu den Hedgefonds des 21. Jahrhunderts.
Sein Fazit ist vernichtend: Das moralische Fundament der westlichen Welt ist kein Gewissen, sondern eine Kalkulation.
Staufen nennt Namen: die Banken, die während des Zweiten Weltkriegs Gold aus Konzentrationslagern wogen – und heute Nachhaltigkeitsberichte schreiben. Die Versicherungskonzerne, die KZ-Insassen als „Risikofaktor Mensch“ einst kalkulierten – und jetzt mit denselben Formeln Pandemierisiken bewerten. Die Pharmariesen, die einst an Menschenversuchen in Dachau forschten – und heute global „Gesundheitsmärkte“ definieren.
„Die Geschichte wiederholt sich nicht“, schreibt Staufen, „aber sie verlängert ihre Verträge.“
Hier liegt die Stärke des Buches: Es ist keine Anklageschrift, sondern ein Röntgenbild. Es zeigt, wie Geldströme, Machtinteressen und moralische Indifferenz sich zu einem System verdichten, das ohne Schuldgefühl funktioniert – weil Schuld steuerlich absetzbar ist.
Die Lizenz zum Töten heißt heute: Rendite
Die großen Kriegsverbrecher von gestern tragen heute Maßanzug. Sie heißen nicht mehr Göring oder Himmler, sondern CEO, Fondsmanager oder Verteidigungsminister.
Das Buch enthüllt, wie Rüstung und Rohstoffindustrie auch im 21. Jahrhundert eine Symbiose aus Profit und Politik bilden:
Kriege als Wirtschaftsfaktor, Sanktionen als Marktstrategie, Wiederaufbau als Wachstumsversprechen.
Staufen zitiert Dokumente, in denen Rüstungsfirmen von „Produktivitätssteigerung im Konfliktfall“ sprechen. Und er fragt:
Wie viel Ethik bleibt übrig, wenn der Krieg nicht mehr Ausnahme, sondern Geschäftsmodell ist?
Er zeigt auf, dass „BLUTGELD“ nicht nur in den Taschen der Waffenlobby liegt, sondern auch in den Fonds deutscher Pensionskassen, die in Streubombenhersteller investieren.
Er zeigt die Nähe zwischen Politik und Kapital – wo Parteispenden zu Verteidigungsaufträgen führen und die Moral auf dem Dienstweg verloren geht.
„Das 21. Jahrhundert hat keine Schlachtfelder mehr –
nur noch Märkte, auf denen getauscht wird: Leid gegen Gewinn.“
Die neue Religion heißt Wachstum
In einem der zentralen Kapitel zieht Staufen eine Verbindung zwischen Finanzkapitalismus und Spiritualität:
Er nennt die Wachstumsideologie die „Religion der Sinnlosen“.
Glaubenssatz Nummer eins: Alles hat einen Preis.
Dogma Nummer zwei: Moral ist ein Marketingrisiko.
Ob Klimaschutz, Rüstung oder Pandemie – jedes moralische Thema wird zu einem Finanzprodukt transformiert.
Grüne Fonds, Waffen als „Freiheitsinvestition“, Impfstoffaktien als „Zukunftschance“.
Der Kapitalismus hat gelernt, Ethik zu monetarisieren.
Staufen beschreibt diese Entwicklung mit bitterer Ironie:
„Der moderne Engel hat kein Schwert mehr –
er hält Aktien.“
Die kalte Hand der Finanzwelt
Im vierten Abschnitt führt Staufen die Spur des Geldes zu den globalen Akteuren, die niemand gewählt hat: Investmentriesen, Schattenbanken, supranationale Institutionen.
Er analysiert die Rolle von BlackRock, Vanguard und State Street – nicht als Verschwörung, sondern als systemische Macht: Kapital als Regierung.
Er zeigt, wie dieselben Unternehmen, die in Waffen investieren, zugleich die Pensionsgelder der Lehrer verwalten; wie dieselben Banken, die Hunger in Afrika finanzieren, Entwicklungshilfeprojekte sponsern; und wie Medienkonzerne den Schein von Demokratie aufrechterhalten, während sie an der Börse vom Krieg profitieren.
Das Ergebnis: Eine Welt, die sich an ihre eigene Unmoral gewöhnt hat.
Der Skandal ist nicht mehr die Ausnahme – er ist das Geschäftsmodell.
Der Mensch als Ressource
Staufen entlarvt das Menschenbild, das hinter dieser ökonomischen Ordnung steht:
Der Mensch ist kein Subjekt, sondern ein Rohstoff – Daten, Arbeitskraft, Aufmerksamkeit.
Die moderne Form des „Blutgelds“ ist der algorithmische Kapitalismus:
Likes, Klicks, Todeszahlen – alles wird zu einer Kennzahl in einer Excel-Tabelle, die niemand mehr hinterfragt.
Die Sprache der heutigen Finanzwelt ist entmenschlicht:
- Kollateralschaden heißt heute „Marktkorrektur“,
- Entlassung „Strukturmaßnahme“,
- Krieg „Wachstumsimpuls“.
„Wenn das Töten rationalisiert wird,
stirbt die Menschlichkeit im selben Augenblick.“
Hoffnung zwischen Asche und Algorithmus
Und dennoch ist „BLUTGELD“ kein nihilistisches Buch.
Es ist ein Weckruf!
Staufen schreibt mit der Wut eines moralischen Humanisten, der weiß, dass Aufklärung keine Ironie, sondern Pflicht ist. Er fordert Transparenz, Verantwortlichkeit, Demut – und nennt sie die drei vergessenen Tugenden der Moderne.
Er ruft nicht nach Revolution, sondern nach Bewusstsein.
Denn der wahre Widerstand gegen ein System ohne Seele beginnt mit der Erkenntnis, dass wir selbst Teil davon sind.
„Wer sagt, er könne nichts tun, lügt –
schon die Weigerung, zu schweigen,
ist eine Tat.“
Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven – und noch weniger für schwache Charaktere. „BLUTGELD“ ist kein Thriller, sondern eine Autopsie an der westlichen Zivilisation.
Es tut weh, weil es ehrlich ist. Es provoziert, weil es recht hat. Und es hallt nach, weil es uns zwingt, über unser eigenes Handeln nachzudenken.
Alfred-Walter von Staufen schreibt wie jemand, der im Dunkeln eine Taschenlampe hält – nicht um Panik zu verbreiten, sondern um zu zeigen, wo der Schimmel sitzt.
Wer dieses Buch liest, wird nie wieder Nachrichten sehen, ohne den Geruch von Blutgeld in der Luft zu spüren.
Quellenverzeichnis:
- Alfred-Walter von Staufen: BLUTGELD – Die seelenlosen Profiteure des Todes, edition leseReich, 2025
- Naomi Klein: Die Schock-Strategie, Fischer, 2007
- Thomas Piketty: Das Kapital im 21. Jahrhundert, C.H. Beck, 2013
- Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Campus, 2019
- David Harvey: The Limits to Capital, Verso, 1982
- Moisés Naím: Die neuen Machtspiele, Fischer, 2013
- Joseph E. Stiglitz: The Price of Inequality, Norton, 2012





